28. Juni 2022: "Gerechte unter den Völkern" Kolloquium für Wilhelm und Elisabeth Jannasch

Mitwirkende des Jannasch-Kolloquiums (v.l.n.r.): Prof. Dr. Wolfgang Breul, Propst Dr. Klaus Volker Schütz, Pastor Thomas Baltrock (Lübeck),  Dr. Hansjörg Buss (Berlin), Monika Fuhr, Beauftragte der Ministerpräsidentin für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen, Dr. Peter Vogt (Herrnhut), Dr. Denis Alt, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit, Dr. Ulrich Oelschläger, Präses a.D. der EKHN - auf dem Bild fehlen: Marianne Grosse, Hauptamtliche Beigeordnete der Stadt Mainz, Rabbiner Aharon Ran Vernikovsky. Foto: Claartje Ille

Empfang vor der Christuskirche in Mainz. Foto: Claartje Ille.

2022 hat die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem bekanntgegeben, dass sie das Ehepaar Elisabeth und Wilhelm Jannasch wegen ihres Einsatzes für verfolgte Juden unter der NS-Herrschaft als "Gerechte unter den Völkern" ehrt. Wilhelm Jannasch (1888-1966) war der Gründungsdekan der Evangelisch-Theologischen Fakultät Mainz (1946-1948).

Wilhelm Jannasch stammt aus der Herrnhuter Brüdergemeine. Er promovierte 1914 mit einer Arbeit über "Erdmuthe Dorothea Gräfin von Zinzendorf" (Lizenziat) und trat im gleichen Jahr eine Pfarrstelle an der St. Aegidienkirche in Lübeck an. Schon 1931 wandte er sich öffentlich dagegen, dass der Antisemitismus des NS in die Kirchen getragen werde. Wegen seines entschiedenen Auftretens geriet er nach Beginn der NS-Herrschaft unter Druck, wurde zeitweise inhaftiert und schließlich 1934 entlassen. Ab 1936 wirkte er in Berlin für die Bekennende Kirche, war an der bekannten Denkschrift zur Olympiade 1936 beteiligt, die klar wie selten gegen die Übergriffe des NS votierte. Ab 1940 war er Pfarrer in der BK-Gemeinde Berlin-Friedenau, die mit einem Netzwerk verfolgte Juden vor der Deportation und Ermordung zu schützen suchte. Martin Niemöller warb ihn im April 1946 als Dekan für die in Gründung befindliche Mainzer Fakultät.

Die Veranstalter des Kolloquiums, Propst Dr. Klaus Volker Schütz, und Prof. Dr. Wolfgang Breul konnten zum Kolloquium zahlreiche Mitwirkende aus Politik, Kirche und Wissenschaft begrüßen. Staatssekretär Dr. Denis Alt und die Beauftragte der Ministerpräsidentin für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen Monika Fuhr erinnerten an die besondere Verantwortung, die das Land für die Bewahrung des jüdischen Erbes, die Förderung jüdischen Lebens übernommen hat, die in der Anerkennung der SchUM-Stätten als Welterbe durch die UNESCO (2021) einen signifikanten Ausdruck gefunden hat. Rabbiner Aharon Ran Vernikovsky erinnerte in seinem Grußwort daran, dass nach der rabbinisch-talmudischen Tradition die Rettung eines Menschenlebens die Rettung einer ganzen Welt bedeute und würdigte in diesem Sinn das mutige Engagement des Ehepaars Jannasch. Marianne Grosse, Hauptamtliche Beigeordnete der Stadt Mainz, sagte in ihrem Grußwort, dass der Ehrentitel "Gerechte unter den Völkern" nur ganz wenigen Mainzer Bürgern verliehen worden sei. Weil in Mainz noch keine Straße, Institution oder Raum nach Wilhelm Jannasch benannt sei, schließe das Kolloquium eine wichtige Lücke in der kollektiven Erinnerung. Thomas Baltrock, Pastor an der Lübecker Aegidienkirche erinnerte an das mutige, manchmal kantige, Auftreten Jannaschs in der Lübecker Landeskirche. Baltrock hatte gemeinsam mit Hansjörg Buss des Ehepaar Jannasch für die Ehrung durch Yad Vashem vorgeschlagen.

Die Vorträge des Abends von Dr. Peter Vogt, Studienleiter der Herrnhuter Brüdergemeine, zur Herrnhuter Herkunft und Frömmigkeit Jannaschs, von Prof. Wolfgang Breul zu den Anfängen der Mainzer Ev. Theol. Fakultät und dem Wirken Jannaschs als Gründungsdekan sowie von Dr. Hansjörg Buß zu Jannaschs Wirken unter der nationalsozialistischen Herrschaft sollen an geeigneter Stelle veröffentlicht werden.

Die Veranstaltung wurde durch eindrückliche Stücke zeitgenössischer Orgelmusik von Daniel Seel (Hornbach) begleitet.

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